Kriegsende im Nord-Médoc 11

Autor: Erwin Kindsgrab

Inhaltsübersicht
Im Camp 184 in Soulac (Tagebuch)

 

carte

22. September 1945

Elektrisches Licht, ein richtiges Zimmer, ein Schreibtisch...

30. September noch immer in Soulac

Weiter kam ich vor 8 Tagen nicht.

Gegen den 16.9. hieß es beim „roten Jacques“, ein Vertrauensmann der Gefangenen müsse zum Depot bei einer nächsten Fahrt mit nach Soulac fahren, um Rote-Kreuz-Spenden in Empfang zu nehmen; ich sollte bei der nächsten Gelegenheit mitfahren…8 Tage vorher hatte eine solche Fahrt ein tragisches Ende genommen: vom Miner-Lager Hourtin-Plage, das ebenfalls von der Firma Boutellier+Moen geführt wird, war ein LKW mit Kranken gekommen, der uns mitnehmen sollte. Der Wagen steht vorm Lager auf der Asphalt-Piste mit einige Kranken von dort, die auch nach Soulac sollen. Im Lager roden die franz. Minenchefs Baumwurzeln. Da ja reichlich Sprengstoff in Form von Tellerminen greifbar ist, haut man unverantwortlich viel Dynamit unter einen Baum. Die Ladung geht los. Ein 70kg-Brocken fliegt genau auf die Pritsche des LKWs, tötet Max Heilig und verwundet 2 Mann schwer. (Max H. wird auf Pin Sec beerdigt.) Jetzt klappt die Fahrt hinten auf dem Wagen. Ich nehme Briefe mit – ob die ankommen?

camp 184, Soulac

Ich fühle mich recht elend. Fieber, Unwohlsein, schlapp, nur ein halber Mensch…Das erste Mal, dass ich das Lager Soulac sehe. Jan Jäger (Ob.Strm.) ist Lagerchef. Er ist am Tor. Lädt mich ein zum Mittagessen … Das gibt’s doch nicht? Solch‘ eine Suppe. Monatelang nicht gesehen, geschweige denn gegessen. Dick ist sie! Schmackhaft, reichlich. Ich kann so viel haben wie ich will. Ich schlinge sie runter, obwohl ich doch intelligent genug sein müsste, um zu wissen, dass man das nicht darf. Da ist was drin, in der Suppe. Ja, wer hier im Lager sein darf. Wer hier mit seinem Schicksal hadert, ist der undankbarste Mensch der Welt … Die Sentinelle lässt mich für die Nacht im Lager … Am nächsten Morgen werde ich abgeholt, um im Depot die Sachen in Empfang zu nehmen. Mein Wachsergeant flüstert mir zu: du wirst in die Heimat entlassen … Auch von anderen Seiten sticht man es mir. Parolen – ich klammere mich nicht an solche leeren Versprechungen, nein, ich bin jetzt schon so glücklich, der Hölle von Pin Sec wenigstens ein paar Tage entronnen zu sein. Im Depot werde ich einem Leutnant Gionet (II. Büro) vorgeführt.

Mittlerweile spreche ich so französisch, dass ich ungefähr alles ausdrücken kann, was ich sagen will.

Die Rote-Kreuz-Sendung wird mir vorgezählt: Zigaretten, Tabak, Zwieback, Keks, Konkret-Konfitüre, Zucker usw. Ich muss unterschreiben. Leutnant Gionet holt mich rein. Ich muss ihm erzählen, wie es uns geht und wie uns die letzte Rot-Kreuz-Zuteilung gefallen hat. ER beobachtet mich scharf – ich kenne mich ja selbst nicht. Als ich ihm sage, dass wir noch nie eine Rote-Kreuz-Zuteilung bekommen hätten, lässt er mich wieder in das Lager, mit der Anweisung, mich de Arzt vorzuführen, bringen. Am nächsten Morgen lässt er mich wieder ins Depot holen. Ich muss ihm erzählen. Er zeigt mir eine Quittung über 404 empfangene Pakete Tabak. – Nie im Lager angekommen … Anderntags muss ich über die Vorfälle in Pin Sec eine schriftliche Meldung machen … Ich soll als Dolmetscher im Lager Soulac bleiben, der dortige Dolmetscher kommt rauf nach Pin Sec.

Soulac, den 2. Okt. 1945

Max Schmalfeldt, mit dem ich um Weihnachten im Bat.-Stab „Narvik“ einige Tage auf einer Bude hauste, steht eine gute Viertelstunde neben mir. Ich lächele ihm als altem Bekannten zu. Er reagiert nicht, übergeht mich als Fremden. Endlich fällt der Groschen. Als ich spreche, glaubt er immer noch nicht, dass sich es bin … Füchtner treffe ich an der Kochfeuerstelle im Lager. Er saß auf der Schreibstube, und abends habe ich oft neben ihm gehockt, wenn er Klavier spielte. Ich stoß ihn in die Rippen: „Wie geht’s alter Kumpel?“ Man merkt ihm an, er kramt Krampfhaft, um mich irgendwie unterzubringen. Ich muss ihm helfen und sagen, dass ich der Obersteuermann bin. Er glaubt es nicht – auch als ich spreche – ich kann ja fast nicht sprechen … Ich bekomme Angst vor mir selbst. Ist es möglich, dass man einen Menschen so fertig machen kann? Ich muss wie ein wandelnder Leichnam rumlaufen…Hier wird mir so richtig bewusst, in welchem Elend ich gesteckt habe, hier, wo es herrlich ist, saubere Baracken, Essen wie „ein Gott in Frankreich“ … Die Kameraden sind nett und wollen mich wieder rausfuttern.

Soulac, den 4. Oktober

Ich mache Dienst am Tor in Ablösung mit Dr. Koch … Heute früh kommt der franz. Verbindungsergeant von Pin Sec, der schon vor einigen Wochen demobilisiert worden war, in die Torbaracke. Er ist bass erstaunt, mich hier in Soulac zu sehen, er kann seine Verlegenheit schlecht verbergen, umso mehr, als er über das Diensttelefon ein Gespräch nach Pau anmeldet, was ich ja verstehe. Er hat seine Soldatenuniform umfärben lassen in grün … Er war von Ltn. Gionet aus seiner Heimatstadt Pau zum Rapport der Vorfälle in Pin Sec Herbeordert worden, der Mann, der sich von der militärischen Seite der Zivilfirma und den Zivilwachen zugeteilt war, um die soldatischen Belange, die sich aus den internationalen Vereinbarungen ergeben, zu kontrollieren. Die Unterredung bei Ltn. Gionet muss nicht ganz günstig ausgelaufen sein. Er wartet nervös auf seine Verbindung. Er hätte es liebend gern, wenn ich rausginge. Ich erzähle ihm, dass ich es war, der eine Meldung gemacht hat … Ich werde alles mithören, wenn er etwas Verbergendes nach seiner Frau in Pau telefoniert. Und dann kommt das Gespräch, und: ich verstehe nichts! Er spricht baskisch.

Soulac, Sonntag den 7. Oktober 1945

camp 184, Soulac

Gleich nach meiner Ankunft in Soulac werde ich neu eingekleidet … und dann kamen einige Tage nach der Offenlegung der Zustände in Pin Sec 45 Verhungerte, Kranke, Fürs-Leben-Gezeichnete. In Lumpen, verlaust, verdreckt, humpelnd. Aus ihren großen Augen nur eine Gier: essen, essen, essen! ... Jetzt als Außenbeobachter, selbst mittlerweile in geordneten Verhältnissen, in guter Kleidung, bei sättigendem Essen, schlug mich der Anblick mit solcher Wucht, dass es mir die Tränen in die Augen trieb … Wann hatte ich überhaupt das letzte Mal geweint? Beim Tod meines Vaters; das liegt nun 10 Jahre zurück! Selbst noch Hungerleider, musste ich mein Brot abgeben; es riss mich dazu. Da waren nun die Menschen, die in einem Vierteljahr zum Skelett heruntergewirtschaftet waren – und ich war noch vor 14 Tagen unter ihnen. Ab er dieses Leiden nicht etwa, weil keine Verpflegung dagewesen wäre – man sieht’s doch, hier gibt’s doch reichlich; so gut und reichlich hatten wir’s nicht einmal in der Festung -, sondern weil sie betrogen wurden … Ein Teil wird gleich hospitalisiert; der andere Teil liegt mit Wasser in Beinen und Gesicht in den Baracken. Ich kann in meine Hungerödeme auch noch Beulen drücken … Zwei Tage später starb der Soldat Günther; ihm war das Wasser bis ins Herz gestiegen.

Am Donnerstag ist ein neuer Schub von 50 Mann aus Hourtin-Plage gekommen. Das gleiche Bild. Ich bin bei der ärztlichen Untersuchung dabei. Ein französischer Leutnant dreht sich um und wendet sich ab. Was mögen seine Gedanken sein? ... Einer liegt in der Baracke, ohne Kraft, ohne Willen. Er steht nicht mehr auf, nicht einmal zum Austreten. Es stinkt abscheulich bei ihm. Vollgeschissen. Völlig apathisch … Aber hier werden sie alle wieder hochgepäppelt. Unser Doktor tut, was er kann. Extraessen.

Der französische Lagerchef L’Estrade (mittlerweile ist das französische Verwaltungspersonal, reaktivierte Dienstgrade, die vor Monaten nach teilweise fünfjähriger Gefangenschaft aus Deutschland gekommen sind, mit Gefangenem-Schicksal vertraut) veranlasst, dass eine französische Militärkommission ins Lager kommt und sich die Leute ansieht. Ich muss dolmetschen. Die Kommission verspricht Krankenhausverpflegung … Sie werden langsam wieder hochkommen, wie ich. Ich merke es an mir. Das Näseln verschwindet langsam mit den zunehmenden Kräften. Zwar streikte der Magen vollkommen in den ersten Tagen. Er bäumte sich gegen die reichliche Verpflegung auf. Ich kam tagelang nicht vom Lokus … Ich fühle mich seit Tage wohl … Ich habe selbst Spaß an mir…Man kann sich pflegen. Hier gibt’s eine Badewanne … Alles das bringt Lust und Leben in den Körper. Auch der Geist kommt nicht zu kurz … Der Sonntag klingt aus mit Glockengeläut aus der kleinen Kapelle.

8. Oktober 1945

Empfindlich alt sind schon die Nächte … Am Nachmittag war ich mit einem Kommando aus Innendienstlern am Strand, um aus den Bunkern Brauchbares zu requirieren. Ich darf mit der Armbinde allein zirkulieren … Wie lockte die See … Hinter der Kimm ist die Freiheit … Wie weit ist Spanien? … Irgendetwas vorbereiten, kleines Boot, das muss doch über die Zeit klappen! Raustreiben lassen, hoffen, dass spanische Fischer einen aufnehmen. Aber so lange ich im Lager bin – habe ich dem Depotkommandanten das soldatische Ehrenwort gegeben – darf ich nicht abhauen. Damit er mir die Armbinde zur freien Zirkulation nicht abnimmt, habe ich zugesagt, aber nur solange ich im Lager bin – wenn ich auf Kommando zu gehen wünsche, gilt diese Abmachung nicht mehr. „Das ist als Soldat dein gutes Recht, nein, deine Pflicht; aber meine Pflicht ist, auf dich aufzupassen.“ – Aber irgend etwas vorbereiten für später, das fällt doch nicht unter unser Arrangement!

10. Oktober 45

Die Waage brachte es an den Tag. Ich bin auf dem aufsteigenden Ast: 10 Pfund schon zugenommen!! Hurra! Jetzt habe ich schon fast 130 Pfund … Alle Welt sagt, dass ich blenden aussehe … Heute kommt die erste Sendung vom amerikanischen Roten Kreuz: Eierpulver, Milchpulver, Pudding, Mehl, Bisquits, Erbsen, Grütze. Ein Mann aus der Schweiz ist dabei.

16. Oktober 45

Gute Verpflegung; wirklich so gute Verpflegung, dass ich beim Essen immer sagen muss: hoffentlich haben Frau und Kind zuhause auch solches Essen … Aus Deutschland sind 500 neue Gefangene angekommen. Zum Teil in Norwegen von den Engländern gefangen genommen; im Saargebiet den Franzosen übergeben, jetzt sind sie hier … Sie sehen gut aus, sind gut gekleidet, mit ordentlichen, festen Bergschuhen, Seesäcke voll mit allem, was ein Soldat si braucht … Gestern habe ich auf 304, 305 nach für uns brauchbaren Gegenständen mit einem Kommando gesucht. Ohne Bewachung. Wir hatten, als wir für kurze Zeit in diesem Stützpunkt lagen, doch ein beschädigtes Boot an Land gezogen und geflickt und versteckt. Das muss doch noch irgendwo liegen. Wir haben’s nicht gefunden … Ich mach‘ mich noch mal allein auf den Weg … So viele dürfen davon nicht wissen … Ich darf nur einen tüchtigen Seemann einweihen.

20. Oktober 45

Am Sonntag war eine Theatervorstellung in der Theater-Baracke … Ich habe wieder 10 Pfund zugenommen … 140 Pfund habe ich nun … Der Mensch freut sich!

12. November 45

Abend! Draußen tuckert unser Diesel für eigenes Licht. Die Stadt liegt manchmal im Dunkel, Stromsperre. Die Räume im Lager sind hell erleuchtet vom eigenen Strom. Commandant Cadalen ist Depotkommandant geworden.

22. November 45

Am 31.10. hat man mich zum Vertrauensmann gewählt. Das muss es wohl nach irgendwelchen Bestimmungen für die Behandlung Kriegsgefangener geben, dass eine gewählte Person den Sprecher spielen muss … Der Körper spurt wieder: 160 Pfund! ... Vor Tagen war Mr. Paul Thomas, Delegierter vom Intern. Roten Kreuz im Lager. (Ich habe ein Foto von diesem Besuch) Er war mit unserem Lager zufrieden und beglückwünschte uns, dass wir es in unserem Unglück doch noch verhältnismäßig gut getroffen hätten. In anderen Lägern muss es, wie er glaubhaft sagt, anders aussehen – wem sagt er das! Das sei auch der Grund, dass für uns erst einmal die Rote-Kreuz-Verpflegung absetzt sei, sie würde abgezweigt für andere Läger, die bedürftiger sind als wir…Wenn armen Schweinen geholfen werden kann damit: bitte schön!

28. November 45

...ich lese die erste deutsche Zeitung.

7. Dezember 45

Otto Aufschnaiter, ein österreichischer Kunstmaler aus Wolfgangsee malt die Kapelle aus. Die Baracken hat er schon wohnlich gestaltet. (Ich wollte ihn vor einigen Jahren in St. Wolfgang besuchen. Es gibt von ihm an den großen Hotels noch Wandbilder von ihm. Er, der vor dem Kriege lange Jahre im Vatikan gearbeitet hatte, war vor 15 Jahren bei Filmaufnahmen abgestürzt und ist in St. Wolfgang neben Emil Jannings begraben.)

Nun werden die Eintragungen spärlicher unter Auslassung vieler Tage. Ein Zeichen: mir geht’s wieder gut.

15. Dezember 45

…erste Post aus der Heimat.

17. Januar 1946

...Die Somalis frieren vor dem Tor. Vermummt in Schals, die fast nicht die Augen raussehen lassen, und das Gewehr auf dem Rücken, sehen sie furchterweckend aus. Dabei sind sie die reinsten Kinder und mein Freund Achmed himmelt mich förmlich an. Auch arme Schweine. Müssen draußen in der Kälte stehen und frieren. Bei uns Musik auf dem Hofplatz und in den Baracken (alles organisiert mit dem Quecksilber von angeschwemmten „Ottern“ – gut, dass man als Seemann mit den Innereien solcher Diner etwas anfangen kann.)

10. Februar 1946

Die Österreicher werden entlassen. Otto Aufschnaiter schreibt mir ins Tagebuch: Nicht was, sondern w i e wir erleben macht unser Glück und Unglückaus!

13. Februar 1946

Heute ist der Tag an dem Meyer und Unteroffz. Gerhard Hoffman ausreißen wollen. Ich bin vor 8 Tagen Lagerchef geworden. Jan Jäger geht auf Kommando. Verpflegung ist für die zwei genug organisiert. Bei mir unter der Koje verstaut. Ich werde in meinem Zimmer während der Nacht nicht eingeschlossen. Hoffmann macht heute den Barackenältesten vom Dienst, der am Abend die Baracken abschließen muss; ich muss dann immer den Barackenältesten vom Dienst einschließen und den Schlüssel beim franz. Wachhabenden abgeben. Nun geht Hoffmann nicht in die Baracke, sondern zu mir nach oben; Meyer hockt schon da. Sie haben die Schlüssel vom Sanitätswagen bei sich, der außerhalb des Lagers in einer Garage steht, dem kriegsgefangenen Fahrer abgeluchst. Adj.Chef Corsan ist mittlerweile franz. Lagerchef. Ich werde es schon fertig bringen, meine Hände in Unschuld zu waschen, wieso die beiden rausgekommen sind und den Sanka mitnehmen konnten. Gegen 2:00h nachts schleichen die zwei raus. Es dauert fast eine Stunde; nichts rührt sich. Es muss gelungen sein … Plötzlich Schüsse … Ich wag mich noch nicht raus ... Licht von allen Miradors, alle Scheinwerfer an … Aufregung ... Der Wachhabende holt mich. Hoffmann liegt zwischen 2 Stacheldrahtzäunen. Somali vor ihm. 4 Löcher im Körper. Als er mit der Bahre ins Revier geschoben wird, drückt er meine Hand. Der franz. Leutnant der Wache: “Verguckt euch nicht in die Somalis; wenn es auch den Anschein hat, die schlafen eingemummt auf den Miradors, die sind aufgescheucht wie Wild, wenn sich nur etwas bewegt.“ Hoffmann kommt ins Lazarett nach Souse – querschnittsgelähmt … Meyer sitzt bei mir auf der Bude, als wenn er kein Wässerchen getrübt hätte.

17. Februar 46

Die Theatergrupp aus Le Verdon spielt die Operette „Frau ohne Kuss“. Ich lade dazu auch die Familien der franz. Verwaltung ein.

18. Februar 46

Mein Verrückter war wieder da.

23. Februar 46

Meyer war auf Kommando gegangen. Da war er ausgerissen. Heute bringen ihn 2 Polizisten von Bassens wieder. Der Blödmann: auf einen amerikanischen Dampfer war er schon gekommen. Die Amis hatten ihren Spaß daran; muss er dann mit den Lords an Land gehen und die große Lippe riskieren, dass man ihn als Deutschen spitzkriegt... Der Bau der Theaterbaracke im Lager macht Schwierigkeiten; nicht genug Leute…Ich habe es mit den Somalis verdorben, weiß aber nicht, warum; ich darf doch ungefragt sonst passieren; sie scheuchen mich mit dem Bajonett zurück. Wenn Blicke töten könnten, ich wär ’ne Leiche!

24. Februar 46

Selbst mein Freund Achmed spricht nicht mehr mit mir. Er wollte mich doch sogar missionieren und mich für den katholischen Glauben gewinnen. Jetzt sucht er gar nicht meine Nähe…Endlich erwisch‘ ich ihn: „Was habt ihr gegen mich, Achmed?“ – „Du bist ein ganz gemeiner Kerl! Du hetzt deine Deutschen gegen uns Farbige auf“ „???“ „Ja, du hast gestern immer vor deinen Leuten uns ‚nègre‘ beschimpft!“ „???“ Großes Lachen: „Achmed, du weißt doch, wir bauen eine Theaterbaracke und dazu fehlen uns ‚clous‘ und das Wort heißt in deutsch ‚Nägel‘, das klingt wie ‚nègre‘. Und bei jedem Kommando hab‘ ich gesagt: bringt ‚Nägel‘ mit, ‚Nägel‘ mit, ‚Nägel‘ mit!“
Keiner war glücklicher als Achmed, als er seinen Landsleuten diese harmlose Erklärung geben konnte.

8. März 1946

Vor einige Tagen war ein franz. Marineoffzier hier, der meinen Namen kannte. Wir hatten in der Gefangenenzeitung gesehen, dass etliche Zerstörer von den Engländern an die Franzosen übergeben wurden. Unser erster Gedanke war: da kommen die nicht mit klar!

aus seinem Kriegsbericht zum Ende der Festung Gironde Süd; die Publikation des Textes erfolgt mit Erlaubnis der Tochter von Erwin Kindsgrab. Er wurde für die Wiedergabe in Médoc actif wurde er leicht gekürzt.