Frontstalag 221
Gestern bin ich mit meinem Hund in einer Gegend des Städtchens spazieren gegangen, in die ich ihn noch nie mitgenommen hatte. Und da ... in etwa 50m Entfernung neben einem Kreisverkehr, an dem ich ziemlich oft mit dem Auto vorbeikomme, fiel mir eine Stele auf, die ich bisher nicht bemerkt hatte. Natürlich bin ich hingegangen und habe sie mir angeschaut und ich habe etwas erfahren, was ich bisher komplett übersehen hatte: Dort gab es während des 2. Weltkriegs ein französisches Gefangenenlager. Es hieß Frontstalag.
An diesem Ort, dem Viertel Germignan, gab es 1940 ein Quartier für die Arbeiter des Pulvermagazins von Saint-Médard-en-Jalles, der Nachbargemeinde. Am Ende desselben Jahres wandelten es die militärischen deutschen Befehlshaber in ein Gefangenenlager um. Das wurde dann das Frontstalag (Frontstammlager) 221. In seinem Rassenwahn wollte Hitler den deutschen Boden nicht mit der Anwesenheit von afrikanisch-französischen Gefangenen beflecken. In diesem Lager wurden nach ihrem langen ermüdenden Marsch 70.000 dieser Menschen interniert.
495 von ihnen kamen 1945 auf Grund einer Typhus-Epidemie in diesem Lager zu Tode. Nach der Befreiung kam das Lager den französischen Befehlshabern in die Hände und wurde zum Dépot 182 umgewandelt, in dem italienische und deutsche Soldaten gefangen gehalten wurden. Die letzten Gefangenen wurden 1946 entlassen.
Während der 6 Jahre des 2. Weltkriegs wurden in ganz Frankreich etwa 200 solcher Internierungslager eingerichtet. Die Kenntnis davon wurde in der Öffentlichkeit lange Zeit verdrängt.
Das Frontstalag 221 war aus der lokalen Erinnerung verschwunden, bis es erst kürzlich eine Wiederentdeckung erfuhr: Die Stele wurde am 26. August 2017 von der Gemeinde errichtet, von lokalen Ehrenamtlichen erbaut. Das Betonfundament, auf dem es steht, war der Unterbau der Ecke einer Baracke. Die hölzernen Schalbretter stehen für die Pinienlatten, die die Mauern darstellten. Die helle Farbe entspricht ebenso den typischen Holzbaracken von Germignan wie das Dach aus Bitumenziegeln. An der Stele ist eine Tafel angebracht, die an die Namen und Vornamen der Gefangenen erinnert und ebenso das Alter, das Todesdatum und die Herkunft der Soldaten angibt. Auf dass sie in Frieden ruhen mögen.
Im Département Gironde wurde ein erstes Frontstalag in Souge, ebenfalls in der Nähe von Bordeaux, eingerichtet.
2020 Simone Casabon (Le Taillan)