Eine Reise nach Deutschland
Nach mehr als 8 Monaten fahren wir für zwei Wochen „nach Hause“. Aber eigentlich ist unser zuhause jetzt schon seit 3 Jahren das Médoc und Deutschland ist für uns Deutsche – zumindest was Urlaubsziele anbelangt - nicht die erste Wahl. Natürlich haben wir dort Freunde, aber sie wiederum besuchen uns auch in Frankreich, so dass unsere „Sehnsucht“ nach ihnen mit schönen gemeinsamen Erlebnissen im Sommer gestillt ist.
Dennoch gibt es einen guten Grund für uns, nach Deutschland zu fahren: die Vorsorgeuntersuchungen bei unseren Ärzten, die uns seit Jahrzehnten kennen. Nicht, dass wir die französischen Ärzte nicht schätzten, aber es ist einfach einfacher... Und so fahren wir also wieder einmal über die Grenze der „heimatlichen“ Wohnung entgegen. Die Straßenschilder wechseln ihr Aussehen, die Umgebung wird irgendwie vertraut, aber nicht mehr ganz so wie früher, wenn wir aus unseren Urlauben im Médoc zurückkamen.
Wir kommen noch rechtzeitig an, um unsere Wochenendeinkäufe zu machen. Kühlschrank und Vorratsschränke sind ja seit Monaten gähnend leer. Der Gang führt uns in das Einkaufszentrum in der Nähe, wir parken, holen uns einen Einkaufswagen, noch ist alles wie in Frankreich. Dann der Supermarkt. Um uns herum einkaufende Paare und einzelne Menschen. Ich bin irritiert, sie sprechen nicht – wie doch seit Monaten gewohnt – französisch und wir deutsch (im Bewusstsein, dass uns ja niemand versteht), sie, die Fremden, sie sprechen ja deutsch wie wir. Wir verstehen sie, sie verstehen uns!
Dass wir die Sahne nicht finden und das Angebot an Rotweinen mager ist, das ist uns vertraut, aber dass nicht mehr wir die eigentlich Fremden sind, ist eine, wenn auch nur kurz andauernde, aber doch sehr überraschende Erfahrung. Und wir stehen – verglichen mit anderen Immigranten, die schon sehr viel länger in der Fremde leben – erst am Anfang!
2013 Christian Büttner/ / Elke Schwichtenberg (Saint Vivien)