Am Strand von Montalivet*

 

carte

plage montalivet 1850

...Am Strand vergeht der Tag sorglos, ohne dass jemand genau sagen könnte, wie er verlaufen ist. Erst mal durchatmen! Die Meeresbrise in voller Lunge, den Blick auf das große, bewegte Meer gerichtet, dieses immer ein wenig tobend. Die Mutigsten begeben sich in die Kabinen und ziehen sich anständige Badekleidung an. Die Damen tragen einen Badeanzug mit Rüschen, der ihren Körper bedeckt. Was würden sie jetzt sagen, wenn sie unsere moderne Bademode sehen könnten! Manche finden das Wasser allerdings etwas kalt. Wir werden sie zufriedenstellen.

Vor der cabane von Herrn Peyruse befand sich damals das Häuschen von Frau Berard, genannt die große Jeannette. Es wurde von der Flut weggespült. Der Schwiegersohn dieser Dame, Herr Lanau, unternahm es, zwei oder drei Zementbadewannen in den Holzhütten zu installieren. In einem großen gusseisernen Kessel kochte ständig das Wasser, das man mit einem Fass aus dem Meer geschöpft hatte. Aus der Ferne sah man das Ofenrohr rauchen wie den Schornstein eines Ozeandampfers, den man manchmal am Horizont sieht.

An Kunden mangelte es nicht. Vater Lanau machte gute Geschäfte. Die frische, salzige Luft, der starke Geruch von Harz und Immortellen, das heiße oder kalte Bad machten Appetit auf einen Ausflug, und alle warteten gespannt auf das Mittagessen. Schnell nahm jeder einen Teller und ging wie in einer Prozession zur Titonne, um sein Salzwiesen-Lammkotelett in Empfang zu nehmen. Wer nicht eines dieser guten Koteletts gegessen hat, hat niemals Besseres genossen. Zu dieser Zeit waren sie im Médoc bekannter als die Omeletts von Mère Poulard auf dem Mont Saint-Michel.

Im Hof des Hôtel Laporte bereitete Vater Cadâchon gerade ein Feuer mit Weinreben (sarments) vor. Auf dieser Feuerstelle wurde ein riesiger Grill installiert. Frau Titonne, groß, stark, sehr aktiv, legte ihr Fleisch blitzschnell hin, bestreute es mit Salz und drehte es im richtigen Moment um. Der penetrante Geruch des Schafsfleischs verbreitete sich ringsum und regte den Appetit noch mehr an. Jeder präsentierte der Reihe nach seinen Teller, bezahlte seine 20 sous und ging mit seinem Kotelett davon. Keine Ahnung, wie viele Schafe jeden Sonntag auf diese Weise geopfert wurden.

In den Kuhlen der Dünen, auf dem goldenen Sand des Strandes oder im Schatten der Kiefern wurde das Picknick eröffnet und es wurden die Flaschen des guten Médoc geleert. Es war köstlich. Am Ende des Tages gingen alle zufrieden nach Hause...

2021 René Banneau, (Vendays / Montalivet)


* im 19.-20. Jhdt.; Auszug aus dem Text von: Banneau, R. (1959). Montalivet. In J. Germain. Le Médoc et ses plages Bordeaux : Éditions Les nouveaux cahiers