Winzer aus Passion
Ich komme aus der rheinischen Landwirtschaft, habe zusammen mit meiner Frau Heike Agrarwissenschaften studiert, bin dann in der Industrie tätig gewesen und war in internationalen Geschäften viel unterwegs. Unser Unternehmen wurde von einem Wettbewerber übernommen, ich selbst wurde nicht mehr gebraucht und konnte mich nach etwas anderem umsehen. Wir beide haben dann den Entschluss gefasst, wieder in die praktische Landwirtschaft zurückzukehren. Nach einem Jahr Suche sind wir dann 2010 im Médoc gelandet.
Bégadan hat uns als Standort gut gefallen, u.a. auch, weil es für uns ökonomisch machbar war und ein sehr gutes terroir hat: Wir konnten einen relativ preisgünstigen Weinbau-Betrieb erwerben. Wir haben dann entschieden, uns als Familie hier niederzulassen. Letzten Endes haben wir zwei relativ kleine Betriebe übernommen, beide hatten keinen Nachfolger, beide zusammen haben etwa 40 ha Rebland. Zu unserem Betrieb gehören aber auch Grünland und ein paar Hektar Wald. Im Wesentlichen bauen wir Merlot und Cabernet-Sauvignon an, ganz kleine Stücke Cabernet-Franc, alles alter Rebenbestand mit einer sehr zufrieden stellenden Weinqualität. Das Alter der Reben hat deshalb eine große Bedeutung, weil mit zunehmendem Alter die Wurzelaktivität zunimmt. Je älter ein Rebstock, desto finessenreicher, komplexer ist der Wein am Ende, besonders dann, wenn die Rebe auf gutem terroir steht.
Die Winzerkollegen haben mich sehr wohlwollend empfangen, was vor allem daran lag, dass mich der Vorbesitzer sehr gut eingeführt hat und mir Tipps geben konnte, an welche Kollegen ich mich gut halten könne. Der Austausch ist hervorragend, wir helfen uns gegenseitig aus. Das Verhältnis ist sehr kollegial. Wir lassen uns natürlich auf den Dorffesten sehen.
Unsere Jahresproduktion fängt mit dem Rebschnitt im Winter an. Jede einzelne Rebe wird geschnitten, anschließend die einzelnen Äste gebunden. Nach dem Austrieb kommen die Pflege- und Laubarbeiten dran. Überschüssige Triebe werden ausgebrochen, der Wein wird hochgebunden. Die Rebreihen werden regelmäßig geschnitten, eventuell die Blätter um die Trauben entfernt. Die Gesundheit der Stöcke ist in der gesamten Wachstumsperiode sehr wichtig, denn für einen guten Rotwein benötigt man gesunde und intakte Trauben. Kurz vor der Lese beginnt die Ruhe vor dem Sturm, ab Mitte August wird es ruhiger, wir können öfter mal ausschlafen. Mit der Weinlese beginnt wieder ein großer Arbeitsschub, wo es darum geht, alles möglichst reif und gesund hereinzubringen.
Der Wein wird in den barriques ausgebaut, den Holzfässern. Das ist ganz typisch für strukturreiche Weine, wie sie hier im Médoc angebaut werden. Wichtig ist dabei ein gute Holzqualität und sauber zu arbeiten. So kann der Wein, indem er Tannine aus dem Holz aufnimmt, an Komplexität gewinnen. Die Geschmacksvielfalt nimmt zu. Dabei darf die Frucht des Weines nicht von dem Holz überfahren werden. Wir arbeiten nur mit französischer Eiche. Wichtig ist die Feinporigkeit des Holzes, damit die Oxydation sehr langsam von statten geht.
Unser Hauptproblem ist häufig das Wetter, wir haben zunehmende Wetterextreme, Hagelschäden nehmen sehr stark zu und Gewitterstürme im Sommer. Zum Glück werden wir vom Spätfrost in unserer speziellen Lage verschont. Ein anderer schwieriger Faktor ist der Weinmarkt. Die Absatzmöglichkeiten sind nahezu unberechenbar und die Produktionsstruktur und die Produktionskosten darauf abzustimmen ist nicht einfach.
2019 Stefan Paeffgen (Bégadan)
nach einem Interview von Werner Kuhn mit Stefan Paeffgen im Sommer 2017, weitere Informationen hier
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