Du und eine Harley? Das glaub' ich nicht!

 

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Als mein Mann mir nach seinem Besuch beim Showbike-Event vor drei Jahren in Montavilet begeistert mitteilte, er würde sich jetzt eine Harley kaufen, war mein erster Kommentar „Das glaub ich nicht“. Beide hatten wir den motorisierten Zweirad-Teil unseres Lebens abgeschlossen, beide Motorräder leichten Herzens verkauft. Zu wenig Kilometer und diese nur bei schönem Wetter- wir waren in die Jahre gekommen, wo nasskalte Tage die Freude am Fahren deutlich minimierten.

Trotzdem, 14 Tage später stand das neue Motorrad vor der Tür: Starrahmen, nietenbeschlagene Packtaschen, schwarz, schwer und unhandlich. Der Kommentar meines Mannes: Harleyfahren ist Kult, Philosophie, Traum, Freiheit, Abenteuer (und es erlaubt Männern über 50 verdammt cool auszusehen). War das wirklich so? Ich wollte es mit eigenen Augen sehen.

Bei den diesjährigen Showbike-Tagen 2011 in Montalivet wollte ich das alles selbst erleben, prüfen und bewerten. Der erste Eindruck, die mehreren tausend Harleyfahrer vor Ort scherten sich nicht um Helmpflicht und Schalldämmung. Gesund fahren sieht wohl kaum so aus: Rückgratverkrümmung, verkrampfte Arme (dauerhaftes Halten des hohen Lenkers), verkniffene Augen (weil der Helm permanent auf der Nase aufschlägt), Schwerhörigkeit in Folge offener Auspuffrohre (die nur so den unvergleichlichen Harleysound garantieren). Echte Harleyfahrer tragen oftmals Vollbart wie ZZ Top, sind bizepsgestärkt, tätowiert und Kuttenträger (die mit Orden und Ehrenzeichen bestückte Weste). An ihr erkennt man die Zugehörigkeit zum jeweiligen Chapter, Club oder sonstigen Verbindungen. Man ist freundlich untereinander und miteinander. Auch meinem Mann mit seiner Kutte des Niederrhein-Chapters wurde anerkennend auf die Schulter geklopft.

Man traf sich auf dem Prachtboulevard von Montalivet, man lag sich in den Armen, als hätte man sich jahrelang nicht gesehen,Franzosen, Engländer, Holländer, Belgier und Deutsche, Kumpels, Freunde, Gleichgesinnte (der echte Harleyfahrer duldet nur diese in seinem Dunstkreis). Fahrer japanischer Motorräder, Reiskocher genannt, werden ignoriert. Jeder versucht, aus seinem Harley-Blechhaufen, der übrigens schwerer ist als jedes andere Bike, seine eigene Visitenkarte zu machen. Alles was der tausend Seiten starke Zubehörkatalog bietet, wird hier verarbeitet, vom Chromtank bis zum Eagle auf der Sissybar, vom Tank-Airbrush bis zur Polizeisirene, von der verchromten Fußraste bis zum Büffelhorn.

Noch ein Wort zu den Ladys. Auch diese zum größten Teil im Herbst des Lebens, aber deshalb nicht weniger sexy: Hot Pants, Push-ups und alles was der Baukasten der Weiblichkeitsoptimierung bietet. Sex und Bike - eine konsequente Verbindung. Viele Biker haben deshalb um des lieben Friedens willen an die sensible Seite ihrer Frauen appelliert, sie zeigen ihnen, was Motorradfahren für sie bedeutet, und diese belohnen es dann mit Partnerlook und sexy Outfit.

Das Ergebnis des Bikertreffens in Monta: Harleyfahren ist eine Frage der Persönlichkeit, des Charakters und des Ehrgefühls, der göttlichen Eingabe und Berufung. Vor allen Dingen aber die Chance, viel Spaß und Freude miteinander zu haben. Deshalb war meine Aussage, als sich am Sonntag nach drei Tagen der Bikertross allmählich auflöste: „Das glaube ich dir jetzt“.

2011 Margarete Schinofen (Bégadan)

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